4. Nov 2015
Nigeria: Kein Polio-Endemieland mehr
Pechel / interMEDIS
Laut WHO gehört Nigeria seit September 2015 offiziell nicht mehr zu den Polio-Endemieländern. „Endemisch“ bedeutet, dass die Erkrankung im Land ständig und gehäuft vorkommt. Die Zahl der Polio-Erkrankungen (Kinderlähmung) ist jedoch in Nigeria in den vergangenen Jahren von rund 1.000 Fällen (2006) auf nur mehr sechs Fälle im vergangenen Jahr stark zurück gegangen.
Weltweit nur noch zwei Polio-Endemieländer
Am Welt-Polio-Tag am 24. Oktober 2015 wurden nur mehr rund 50 Polio-Fälle weltweit berichtet. Die Fälle stammen aus zwei Ländern in denen die Kinderlähmung weiterhin endemisch vorkommt: Pakistan und Afghanistan. Immer wieder kommt es durch Unruhen und Krieg zu Unterbrechungen von Impfkampagnen, so dass eine ausreichende Durchimpfungsrate in der Bevölkerung nur sehr langsam erreicht werden kann. Dennoch zeigt das gemeinsame Streben zur weltweiten Ausrottung der Polio seinen Erfolg. Der starke Rückgang der Erkrankungszahlen von 350.000 Erkrankungsfällen in 125 Endemieländern (1988) auf 340 Erkrankungsfälle in drei Endemieländern (Afghanistan, Nigeria, Pakistan) 2014, zeigen eine deutliche Bilanz.
Vereinzelte Fälle in Afrika, Asien und Europa
In acht Ländern wurden im Vorjahr vereinzelt importierte Polio-Fälle registriert oder auch Erkrankungsfälle berichtet, die auf abgeleitete Impfviren im Land zurückzuführen waren - darunter Äthiopien, Somalia, Äquatorialguinea, Kamerun, Süd-Sudan, Madagaskar, Syrien und Irak. Auch in diesem Jahr sind es fünf Länder in denen Einzelfälle von Polio durch abgeleitete Impfviren festgestellt wurden – darunter Madagaskar, Nigeria, Laos, Guinea und die Ukraine. Der Polio-Lebendimpfstoff („Schluckimpfung“) wird in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern wegen der Gefahr von Lähmungen bereits seit vielen Jahren nicht mehr eingesetzt. Seit September 2015 haben auch Länder wie zum Beispiel Afghanistan, Zentralafrika, Domenika, Guyana, Iran und die Seychellen von der Lebendvakzine auf den Totimpfstoff (IPV) umgestellt. Der Polio-Totimpfstoff (sog. IPV-Impfstoff) ist die sichere Alternative der die Gefahr von Lähmungen ausschließt.
Die Gefahr: Re-Importe des Poliovirus in aktuell poliofreie Regionen/Länder
Das Problem der Kinderlähmung bleibt weltweit so lange bestehen, solange die Gefahr besteht, dass Polioviren in Polio-freie Länder eingeschleppt werden. In diesem Zusammenhang warnte das Robert Koch-Institut im September 2015, dass die Gefahr der Einschleppung von Polioviren nach Deutschland durch Einreisende aus der Ukraine ernst genommen werden müsste. Neben Flüchtlings- und Völkerwanderungen bei denen es zu Re-Importen des Poliovirus in aktuell poliofreie Regionen/Länder kommen kann, erschweren auch Kriegs- und Krisengebiete permanent durch ihre Unruhen, die örtlichen Impfprogramme, die deswegen häufig abgebrochen werden müssen. Es überrascht somit nicht, dass die meisten Polio-Fälle im letzten Jahr aus Ländern mit starken Krisenregionen stammen. Auch das seit 1999 poliofreie Syrien zählt seit Oktober 2013 wieder Fälle der Kinderlähmung.
Polioimpfung: für Erwachsene eine Reiseimpfung
Während die Polio-Impfung bei Kindern und Jugendlichen zum allgemeinen Routineimpfplan gehört, ist die Auffrischung im Erwachsenenalter nur mehr bei Reisen in Risikogebiete erforderlich. In einigen Ländern wurden sogar Einreisevorschriften bezüglich der Poliomyelitis getroffen. So müssen zum Beispiel Einheimische und Reisende die sich länger als 4 Wochen in einem dieser Länder aufgehalten haben, bei ihrer Ausreise aus einem dieser Länder eine max. 12 Monate zurückliegende Impfung gegen Kinderlähmung in ihrem Impfausweis nachweisen können. Reisenden wird daher empfohlen, sich rechtzeitig bezüglich der Impfvorschriften im Reiseland zu informieren.